IV. Der Traugottesdienst
2. Die liturgischen Texte
Traulesungen
Es ist eine Besonderheit des evangelischem Traugottesdienstes, dass das rituelle Handeln auf bestimmte, ihm vorausgehende biblische Begründungstexte bezogen ist, in denen über die Gemeinschaft von Mann und Frau in der Ehe gesprochen wird. Die Lesungen sind in der Regel so zusammengestellt, dass zunächst an das Schöpfungshandeln Gottes erinnert wird. Dem folgt das darauf verweisende Wort Jesu über die enge Verbindung von Mann und Frau in der Ehe. Den Abschluss bildet eine apostolische Wegweisung für das gemeinsame Leben, wie sie allen Getauften gilt.
Demgemäß sind in der Trauliturgie nunmehr folgende Traulesungen vorgesehen: Gen 2,18 mit Gen 1,27–28 a.31 a; Mt 19,4–6; Kol 3, 12–15. Alle Lesungen sind mit einem hinführenden Satz (Präfamen) versehen, der Zusammengehörigkeit und Bedeutung der Lesungen anzeigt.
Der Textteil der Trauagende enthält zwei weitere Sequenzen von Traulesungen zur Auswahl. Damit kann der Vielfalt der Lebenssituationen Rechnung getragen werden. Die Aussagen der beiden Grundlesungen aus dem Schöpfungsbericht und aus dem Evangelium sollten nicht fehlen. Da die Traufragen auf die vorangehenden Traulesungen Bezug nehmen, müssen diese inhaltlich entsprechend ausgewählt sein.
Trauversprechen
Das im evangelischen Traugottesdienst vorgesehene Trauversprechen besteht aus fest formulierten Traufragen, die jeweils an Ehefrau und Ehemann gerichtet und einzeln beantwortet werden. Daneben kann das Trauversprechen auch in der Weise erfolgen, dass Ehefrau und Ehemann jeweils eine inhaltlich den Traufragen entsprechende Erklärung abgeben. Soll beim Trauversprechen die Gemeinsamkeit der übernommenen Aufgabe betont werden, so kann die Traufrage auch an das Ehepaar gemeinsam gerichtet und gemeinsam oder nacheinander beantwortet werden.
Die Traufragen werden durch eine einleitende Anrede ausdrücklich auf die vorausgehenden Traulesungen bezogen. Der entscheidende Satz, der auf das Trauvotum Mt 19,6 („Was Gott zusammengefügt hat …“) anspielt, lautet: „Gott hat euch einander anvertraut.“ Er gibt dem Begriff Trauung, der ursprünglich die kopulative Eheschließung meinte, die neue Bedeutung „Anvertrauung durch Gott“. Die Anrede weist außerdem darauf hin, dass das Trauversprechen öffentlichen Charakter hat.
Das Trauversprechen kann in Form einer Antwort auf Traufragen oder in Form einer Erklärung gegeben werden. Die Traufragen in der ersten Form des Trauversprechens folgen der herkömmlichen Formulierung einschließlich des oft als schwierig empfundenen abschließenden Passus „bis der Tod euch scheidet“. Die Antwort auf die Traufragen erfolgt mit „Ja“. Demgegenüber ist das Trauversprechen in Form einer jeweils von Ehefrau und Ehemann gesprochenen Erklärung etwas stärker entfaltet (vertrauen, helfen, sorgen, Gott und Menschen dienen) und der Abschluss lautet: „… solange wir leben. Dazu helfe mir Gott.“
Trausegnung
Wie das Trauversprechen auf die Traulesungen bezogen ist, so bildet die Trausegnung den bündigen Abschluss des vorausgehenden Segensgebetes der Gemeinde. Während in Luthers Traubüchlein die Segensgeste schon beim Segensgebet ausgeführt wurde, sieht die Trauliturgie vor, dass die unter Handauflegung oder mit zum Segen erhobenen Händen gesprochene Segensformel einem die Segnung einleitenden und vorbereitenden Gebet folgt, wozu die Gemeinde ausdrücklich aufgefordert wird. Die Versammelten sind also an der Ehesegnung beteiligt und bleiben nicht lediglich Zuschauer.
Für die Gestaltung der Segnung bietet die Trauliturgie drei Formen, die dem unterschiedlichen regionalen Herkommen entstammen und die Trauhandlung besonders akzentuieren:
In FORM IA folgt die Segnung der durch das Trauvotum abgeschlossenen „Trauung“ (mit den Traugesten) als besonders ausgeformtes Element, an dem die Gemeinde durch ein entfaltetes Segensgebet beteiligt ist.
In FORM IB ist die Traugeste zugleich Segensgeste. Daher geht der unter Handauflegung auf die verbundenen Hände des Paares gesprochenen Segensformel nur ein kurzes Segensgebet der Gemeinde voraus.
In FORM II liegt der Akzent ganz auf der Segnung. Deshalb wird auf die Traugesten aus FORM I ganz verzichtet. Jedoch sind Segensgebet und Segensformel mit Handauflegung ganz wie in FORM I ausgeformt. Die Gemeinde kann zudem durch das Singen einer Liedstrophe mit der Bitte um den Heiligen Geist an der Segnung beteiligt werden.
Für alle drei Formen ist eine gleich lautende trinitarische Segensformel und alternativ eine weitere – ebenfalls gleich lautende – das Motiv der Anvertrauung durch Gott aufnehmende Segensformel vorgesehen.
Die reichhaltige Sammlung von Texten zur Auswahl ermöglicht es, unterschiedliche pastorale Situationen zu berücksichtigen, Anregungen für eine situationsgerechte Neuformulierung von Gebeten zu bekommen und durch Verwendung neuer Sprachmuster auch solche Menschen in das gottesdienstliche Geschehen einzubeziehen, denen die kirchliche Liturgie fremd ist.
Die Texte sind analog zur Übersicht zu den Trauliturgien gruppiert und in der Reihenfolge der gottesdienstlichen Ordnung zusammengestellt. Daneben finden sich im Anhang Texte aus der Literatur, die für das Traugespräch, die Predigt und die Formulierung von Gebeten im Traugottesdienst Anregungen geben können.