IIT. Traugespräch und
Seelsorgliche Begleitung
Von Seiten des Paares stellt im Vorfeld der kirchlichen Trauung die Anmeldung die erste Kontaktaufnahme zur Pfarrerin bzw. zum Pfarrer und zur Gemeinde dar. Es gibt dabei regional unterschiedliche Gepflogenheiten: Mancherorts werden die Daten zur Anmeldung im Kirchengemeindeamt aufgenommen. Erst dann wird ein Termin zum Traugespräch mit dem Seelsorger bzw. der Seelsorgerin vereinbart. In anderen Gegenden ist es üblich, dass die Erhebung der Daten Bestandteil des Traugesprächs ist.
Auch die Wahl des Ortes, an dem das Traugespräch geführt wird, fällt unterschiedlich aus. Findet das Traugespräch in der Wohnung des Paares statt, erhält die Pfarrerin bzw. der Pfarrer die Gelegenheit, über die Lebensumstände beider Genaueres zu erfahren. Möglicherweise erleichtert es einem Paar auch, die Schwellenangst vor der Begegnung mit Kirche und deren Vertreterin bzw. Vertreter zu überwinden. Aber auch wenn das Pfarramt als Ort gewählt wird, kann das für das Paar eine Entlastung sein. Außerdem können die räumlichen Rahmenbedingungen, unter denen das Gespräch geführt wird, von der Pfarrerin bzw. dem Pfarrer selbst gestaltet werden, so dass es ungestört und in einer das Gespräch fördernden Atmosphäre stattfinden kann.
Das Traugespräch erfüllt mehrere Funktionen: Neben der offiziellen Anmeldung samt den dazugehörigen pfarramtlichen Formalitäten werden die liturgischen Abläufe erläutert und geklärt. Darüber hinaus lernt die Pfarrerin bzw. der Pfarrer die lebensgeschichtlichen Bezüge des Paares kennen und kommt mit ihm über die Inhalte der kirchlichen Trauung und das christliche Verständnis der Ehe ins Gespräch.
Um sich allen Punkten ausreichend widmen zu können, empfiehlt es sich, zwei Gespräche im Vorfeld der Trauung zu führen, insbesondere dann, wenn das Paar zuvor wenig Berührung mit Gemeinde und christlichem Glauben hatte. So können eventuell vorhandene Ängste des Paares mit seelsorglicher Sorgfalt aufgenommen oder schwierige lebensgeschichtliche Zusammenhänge ausreichend besprochen werden.
Es bietet sich an, zunächst neben den Formalitäten die persönliche Geschichte des Paares in den Vordergrund zu stellen. Wie hat sich das Paar kennen gelernt? Wie lange lebt es möglicherweise schon zusammen? Welche Familien werden durch die Ehe nun miteinander verbunden? Gab es zuvor schon feste Bindungen, eventuell mit Kindern? In solchen Fällen empfiehlt es sich, mit seelsorglichem Geschick und Taktgefühl das Vorausgegangene ohne Vorwurf und Schuldzuweisung zu thematisieren und dabei herauszuhören, inwieweit es für das Zusammenleben des Paares noch immer von Bedeutung ist.
Ist ein Partner bzw. eine Partnerin anderer Konfession, anderen Glaubens oder anderer Überzeugung, so muss auch diese Tatsache mitsamt ihren Implikationen im Gespräch ausreichend Raum bekommen. Thematisiert werden kann dabei, ob und inwieweit diese Tatsache für das Zusammenleben des Paares in einer Ehe, insbesondere im Blick auf mögliche Kinder, ein Problem darstellen könnte. Hinzu kommt, dass es von der Pfarrerin bzw. dem Pfarrer insofern erhöhte Aufmerksamkeit verlangt, als es um eine christliche Trauung mitsamt ihrem ganzen religiösen Hintergrund geht, die für beide Teile gleichermaßen nachvollziehbar und verbindlich sein muss. Wahl und Formulierung der liturgischen Texte müssen auf diesem Hintergrund mit großer Sorgfalt erfolgen, so dass der Charakter der christlichen Trauung erhalten bleibt, ohne den nichtchristlichen Partner zu vereinnahmen.
In einem möglicherweise zweiten Gespräch könnte das Trauversprechen im Vordergrund stehen. In ihm liegt das christliche Eheverständnis, dem das Paar bei der Trauung implizit zustimmt, gewissermaßen komprimiert vor. Deutlich werden sollte dabei, welches Gewicht dem Trauversprechen zukommt, das auf die biblischen Traulesungen Bezug nimmt und in die Segnung des Paares mündet. Ebenso kann die liturgische Gestaltung des gesamten Traugottesdienstes Leitfaden des Gespräches sein, zumal auch in den anderen liturgischen Elementen das christliche Verständnis der Ehe zum Tragen kommt. Eine gründliche Besprechung und Planung des Ablaufs unter Beteiligung des Paares wird es ermöglichen, die Trauung aus einer gewissen Vertrautheit und ohne Unsicherheit zu feiern.
Die Auswahl des Trauspruchs gehört zu den zentralen Inhalten des Traugesprächs. Oft ist es hilfreich und entlastend, dem Paar rechtzeitig eine Auswahl von geeigneten Trausprüchen vorzulegen (s. S. 215 ff.). Gerade der Austausch über den Trauspruch kann das Traugespräch seelsorglich vertiefen und wertvolle Hinweise zur Vorbereitung der Traupredigt geben.
Im Traugespräch wird auch geklärt, welche besonderen Wünsche das Paar bezüglich der liturgischen Gestaltung hat und wie Angehörige, Paten oder Freunde an der Trauung beteiligt werden können. Dazu gibt es vielfältige Möglichkeiten, auf die die Pfarrerin bzw. der Pfarrer hinweisen soll. Sie reichen über das Formulieren und Vortragen von Gebeten, musikalische Beiträge, eigenständig formulierte Texte bis hin zum Gestalten des Liedblattes oder des Kirchenschmucks.
Wenn einer der Ehepartner oder beide geschieden sind, wird das Traugespräch auch darauf eingehen. Noch hier verwirklicht und bewährt sich die seelsorgliche Begleitung, die die Kirche Geschiedenen ausdrücklich schuldet. So unterstreicht die „Ordnung des kirchlichen Lebens der Evangelischen Kirche der Union“: „Aufgabe der Kirche ist es, die sich trennenden Ehepartner und die Geschiedenen seelsorglich zu begleiten“ (Ziffer 166). Von vornherein muss entlastend deutlich werden, dass die evangelische Kirche nicht nur „eine erneute Trauung grundsätzlich nicht ausschließt“ (ebd.), sondern auch Geschiedene einlädt und ermutigt, das Eingehen einer neuen Ehe mit einer kirchlichen Trauung zu verbinden. In diesem Horizont kommt dann auch die frühere Ehe des einen Partners oder beider Partner zur Sprache.
Wenn zu Beginn der früheren Ehe(n) eine kirchliche Trauung stattgefunden hat, wird im Gespräch der damals öffentlich zugesprochene Segen thematisiert werden. In theologischer Hinsicht gilt dabei: Der Glaube an die unverbrüchliche Treue Gottes ermöglicht einerseits, Untreue der Menschen nicht zu verschleiern oder zu bagatellisieren, sondern als Schuld zu benennen und zu bekennen. Er ermächtigt andererseits dazu, Vergebung der Schuld und den Segen Gottes für neu einzuschlagende Wege zuzusprechen.
Es empfiehlt sich, im Traugespräch zu klären, in welcher Weise die frühere(n) Ehe(n) im Traugottesdienst zur Sprache kommen soll(en). Dies ist auch mit Rücksicht auf bei der kirchlichen Trauung anwesende Kinder, die aus (einer) früheren Verbindung(en) hervorgegangen sind, und auf weitere Angehörige zu klären.
Die Partner müssen an der Art, wie der Pfarrer bzw. die Pfarrerin (eine) frühere Ehe(n) im Traugespräch zum Thema macht, als leitendes Interesse der Kirche ersehen können, dass die neue Ehe in Verantwortung vor Gott geführt wird und gelingt. Darin, dass dieser Gesichtspunkt im Mittelpunkt steht, liegt auch das entscheidende Argument gegen den Einwand, die Kirche ginge leichtfertig vor, wenn sie Geschiedene kirchlich traut.
Im Ganzen gilt: Schon im Traugespräch stellt sich die Pfarrerin bzw. der Pfarrer dem Paar als Seelsorgerin bzw. Seelsorger vor und verknüpft dabei ihr bzw. sein Handeln und ihren bzw. seinen kirchlichen Auftrag zur Seelsorge mit dem Lebensweg des Paares. Wenn es im Traugespräch und im Gottesdienst gelingt, diese Verbindung deutlich werden zu lassen, kann dies auch in der Zukunft eine seelsorgliche Begleitung des Paares erleichtern.