IV. Der Traugottesdienst

5. Ort, liturgisches Verhalten und Bräuche

Der Ort
Der Traugottesdienst wird in der Regel an dem Ort gefeiert, wo sich die Gemeinde des Brautpaares auch sonst zum Gottesdienst versammelt. Der Kirchenraum prägt die gottesdienstliche Feier mit: Er ist der Ort der Verkündigung von Zuspruch und Anspruch des Evangeliums, der Ort der Taufe und des Abendmahls, der Ort des Gebetes – besonders der Fürbitte. Für das Gelingen des Gottesdienstes ist es hilfreich, die dem jeweiligen Kirchenraum eigene Sprache und Ausstrahlung bewusst wahrzunehmen und das Brautpaar gegebenenfalls mit dem Kirchenraum vertraut zu machen.

Es gibt Kirchen und Kapellen, die von vielen Brautpaaren wegen ihrer Größe oder besonderen Atmosphäre als Alternative zum Kirchenraum der Wohnortgemeinde bevorzugt werden. Auch biographische Gründe können eine solche Wahl motivieren. In diesem Fall sind frühzeitige Verabredungen mit den Verantwortlichen vor Ort besonders wichtig.

Wo gliedkirchliche Regelungen es ermöglichen, den Traugottesdienst auch außerhalb kirchlicher Räume zu feiern, sind folgende Kriterien bei der Entscheidung zu beachten:

  • Der gewünschte Ort soll öffentlich und allgemein zugänglich sein. Bei Gottesdiensten unter freiem Himmel ist es sinnvoll, solche Orte auszuwählen, an denen die Gemeinde auch sonst Gottesdienste im Freien feiert (z. B. an Himmelfahrt oder zu anderen Gelegenheiten).
  • Es muss gewährleistet sein, dass Gottesdienst als spirituelles Ereignis gefeiert werden kann. Wort und Musik müssen versteh- und hörbar sein. Auch eine (relative) Stille ist Voraussetzung.
  • Bei der Gestaltung des jeweiligen Ortes sind auf angemessene Weise christliche Symbole bzw. kirchliche Gegenstände zu verwenden: Kreuz, Kerzen, Altar. Kirchenfremde Symbole sind auszuschließen.

Während des Traugottesdienstes sitzt das Brautpaar in der Regel auf zwei Stühlen in der Mitte vor der Gemeinde: Die beiden stehen an diesem Tag im Mittelpunkt. Das Brautpaar kann auch in der ersten Reihe sitzen, umgeben von Verwandten und Freunden, die es in ihre Mitte nehmen. Ebenso ist es möglich, dass die Stühle für das Brautpaar vorne seitlich stehen und die Stühle für die Trauzeugen gegebenenfalls gegenüber. Dadurch entsteht ein Halbkreis um den Altar bzw. den Abendmahlstisch, der stärker die Gemeinschaft der Versammelten betont.

Das Verhalten der Liturginnen und Liturgen
Liturginnen und Liturgen haben bei einem Traugottesdienst auch die Aufgabe, durch das eigene Verhalten dem Brautpaar Sicherheit zu vermitteln. Sie sorgen zum Beispiel für das angemessene Tempo beim Einzug, laden mit kleinen Gesten oder freundlichen verbalen Aufforderungen zum Aufstehen ein, organisieren den Auszug und weisen dabei gegebenenfalls die Blumenkinder ein.

Blickkontakt fördert die Kommunikation mit dem Brautpaar und der Gemeinde. Eine ständig vor Augen gehaltene Agende stört die Kommunikation. Blickkontakte sind notwendig bei:

  • Eingangsvotum und Begrüßung
  • Traufragen
  • Segenshandlungen
  • Ansagen (z. B. Kollekte).

Ebenso sollte die Predigt nicht abgelesen werden. Sie kann von der Kanzel als dem Ort der Verkündigung erfolgen, sofern die Predigerin oder der Prediger dabei Blickkontakt mit dem Brautpaar haben kann. Oft ist es angemessener, die Predigt am Lesepult oder vor dem Altar bzw. Abendmahlstisch stehend zu halten.

Blickkontakt ist bei den Lesungen nicht nötig und bei Gebeten völlig unangemessen.

Die Handauflegung bei der Einsegnung des Paares sollte wirklich eine Handauflegung sein, und der Schlusssegen sollte entsprechend der Sprachform des Zuspruchs oder der Bitte durch Gesten verstärkt werden.

Wegen der unterschiedlichen Entfernung zum Brautpaar und zur Gemeinde kann die Lautstärke ein Problem sein. Liturginnen und Liturgen müssen einen Mittelweg finden, um in angemessener Weise alle anzusprechen.

Bräuche
Mit der kirchlichen Trauung sind eine Reihe von Bräuchen unterschiedlicher Herkunft verbunden. Sie sind von Region und kulturellem Milieu abhängig, aber auch geprägt von Fernsehfilmen und Fernsehsendungen, von Brautstudios und Hochzeitsmessen, von einschlägiger Literatur und Informationen aus dem Internet.

Bei der kirchlichen Trauung wird noch einmal der Prozess, ein Paar zu werden, erinnert und vergegenwärtigt. Dieser anamnetische Charakter der Trauung erlaubt es, im Blick auf Hochzeitsbräuche auf besondere Gestaltungswünsche des Paares einzugehen, sofern sie dem gottesdienstlichen Geschehen nicht widersprechen. „Interpretation statt Konfrontation“ lautet auch hier der gute Rat. Selbstverständlich gehören vorherige Absprachen mit den für die Trauung Verantwortlichen dazu.

Als Bräuche haben sich verbreitet:

  1. Der Brautvater führt seine Tochter in die Kirche und übergibt sie dort dem Bräutigam. Dieser Brauch geht auf die germanische Form der Eheschließung zurück: Mit der Übergabe der Braut ging die „munt“ vom Vater an den Ehemann über; die Frau galt nicht als eigenständige vollwertige Person. Die historische Bedeutung der Brautübergabe ist weitgehend unbekannt. Heute repräsentiert der Brauch der Brautübergabe das Verlassen des Elternhauses bzw. das Loslassen des Kindes. Dieser Brauch kann dadurch erweitert und zeitgemäß interpretiert werden, dass beide Elternteile ihre Tochter und eben- falls die Eltern des Bräutigams ihren Sohn gemeinsam in die Kirche führen.
  2. Die Ringübergabe ist ein materialisiertes Treueversprechen und gehört als Symbolhandlung zum Versprechen der Unauflöslichkeit der Ehe, eine zentrale Dimension christlichen Eheverständnisses.
  3. Ebenso bürgert es sich immer mehr ein, dass sich Braut und Bräutigam nach dem Ringwechsel oder nach dem Trausegen küssen. Wenn im Traugespräch diese Möglichkeit angesprochen wurde, erübrigt sich im Traugottesdienst eine leicht peinlich wirkende ausdrückliche Aufforderung.
  4. Kinder können beim Auszug Blumen streuen und damit die guten Zukunftswünsche der Familien und der Gemeinde für das Paar zum Ausdruck bringen.