Vorwort
Am 13. Mai 2006 hat die Vollkonferenz der
Union Evangelischer Kirchen in der EKD
die Agende „Trauung“ beschlossen. Damit
wird die noch in der Evangelischen Kirche
der Union mit dem Taufbuch aus dem Jahr
2000 begonnene Neuerarbeitung der Kasualagenden abgeschlossen. EKU und Arnoldshainer Konferenz haben sich inzwischen zur
UEK zusammengeschlossen und stehen gegenwärtig in einem weiteren Integrations-
prozess, der die Gemeinsamkeit in der Evangelischen Kirche in Deutschland noch mehr
stärken wird.
Die vorliegende Trauagende ist bereits ein
Ergebnis solcher Gemeinsamkeit. Sie wurde
zunächst von einer gemeinsamen Arbeitsgruppe der Liturgischen Kommission der
Evangelischen Landeskirche in Baden und
des Liturgischen Ausschusses der EKU erarbeitet. Die konstituierende Tagung der
Vollkonferenz der UEK hat dann 2003 das
Stellungnahmeverfahren in den Mitgliedskirchen eröffnet, dessen Ergebnisse Grundlage der abschließenden Überarbeitung der
Agende waren. So ist eine Trauagende entstanden, die auf der Höhe der praktischtheologischen Diskussion steht und die der
Kasualpraxis in unseren Gemeinden sehr
zugutekommen wird. Die Gemeinden stehen
nämlich vor der Herausforderung, auf starke Veränderungen reagieren zu müssen.
Die Eheschließung steht heute in der Regel
nicht mehr am Beginn der häuslichen Ge-
meinschaft, sondern sie verdankt sich der
bewussten Entscheidung eines nicht selten
schon seit Jahren in einem gemeinsamen
Haushalt zusammenlebenden Paares. Oft
sind es erst der Kinderwunsch oder die Geburt eines Kindes, die den Entschluss zur
Heirat veranlassen. Die Eheschließung wird
so zu einer bewussten Form der Ratifizierung dessen, was schon lange gilt und währt.
Und sie dient der Veröffentlichung der neu
eingetretenen familiären Situation. Soziolo-
gen sprechen deshalb davon, dass die Hochzeit nicht mehr ein Passageritus ist am Übergang in eine neue Lebenssituation, sondern
ein „rite de confirmation“ – ein Ritus zur
öffentlichen Bestätigung und Bekräftigung
einer Partnerbeziehung.
Angesichts dieser gesellschaftlichen Veränderungen wird verständlich, dass auch die
Praxis der kirchlichen Trauung einem Wandel unterworfen ist. Die Brautpaare werden
älter und das Anliegen, die Trauung mit der
Taufe eines gemeinsamen Kindes zu verbin-
den, nimmt zu. Auch verstärken sich der Wille und das Selbstbewusstsein, kompetent an
der Gestaltung der Trauung beteiligt zu werden. Statistisch hat EKD-weit allein zwischen 1995 und 2001 die Zahl der Trauungen
um etwa 30 % abgenommen. Nur einzelne
ostdeutsche Landeskirchen verzeichnen bei
der Amtshandlung der Trauung einen leichten Zuwachs. Natürlich ist der bundesweite
Rückgang im Wesentlichen durch die rückläufige Zahl der Eheschließungen bedingt.
Aber in den Zahlen schlägt sich auch nieder,
dass die – zumindest in den westlichen Landeskirchen noch lange Zeit selbstverständliche – Koppelung von Eheschließung und
kirchlicher Trauung zunehmend lockerer
wird. Längst nicht mehr jedes evangelische
Kirchenmitglied wünscht für sich eine kirchliche Trauung.
Und doch sind, wie jüngste ostdeutsche Erfahrungen belegen, solche Trends nicht unumkehrbar. Im Gegenteil: Eine Hochzeit, die
von Seiten des Paares, der beteiligten Familien und der Gesellschaft als Konfirmationsritus verstanden und bejaht wird, eröffnet
dem kirchlichen Handeln in Liturgie, Predigt
und Seelsorge einen weiten Gestaltungsraum. Hier sind Menschen in ihrem Wunsch,
ihr Zusammensein in feierlicher Form öffentlich darzustellen, zu respektieren. Gibt es
dafür bessere Räume als unsere Kirchengebäude mit ihrem Stein gewordenen Glauben
an Gott als Ursprung allen Lebens? Hier
kann dem Dank für den bisherigen Lebensweg des Paares und der Sorge um die Zukunft Sprache gegeben werden. Hier können
in Beziehung zueinander tretende Familien
an der gemeinsamen Bitte um Gottes Segen
beteiligt werden. Hier darf auch die Erfahrung von Schuld und Scheitern vorkommen.
Hier können Kinder durch die Taufe in die
alle Familienbande umgreifende Gemeinschaft der Kirche aufgenommen und Gott anvertraut werden. Und hier kann die Macht
der Liebe Gottes verkündigt werden, die
Christenmenschen in Jesus Christus erfahren. Es ist meine feste Überzeugung: Für
einen solchen Dienst der „Konfirmation“ an
einem bedeutsamen Punkt des Lebens ist die
neue Trauagende der UEK ausgesprochen
wertvoll und hilfreich.
In den einzelnen Gliedkirchen der EKD
wird intensiv und kontrovers die Frage einer gottesdienstlichen Handlung anlässlich
der Begründung einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft diskutiert. Dies hat zu
unterschiedlichen synodalen Beschlüssen
und landeskirchlichen Regelungen geführt.
Dieser Thematik kann deshalb im Rahmen
einer Agende nicht angemessen begegnet
werden. Das gilt auch für Überlegungen, die
sich auf die liturgische Gestaltung des Beginns einer nichtehelichen Partnerschaft beziehen.
Ferner hat die auf dem Hintergrund seelsorglicher Erfahrungen geführte Diskussion
über eine gottesdienstliche Handlung aus
Anlass der Ehescheidung noch nicht jenen
Grad von Klarheit erreicht, der für eine agendarische Behandlung unerlässlich ist. Zu
den Möglichkeiten von liturgischen Feiern
im Umfeld der Trauung sei deshalb auf entsprechende gliedkirchliche Texte verwiesen.